Zwischen Veränderung und Gewohnheit

Gewohnheiten mit Zielen in Einklang bringen

Gewohnheiten beeinflussen die Art und Weise, wie wir unser Leben führen. Dabei unterscheidet unser Gehirn nicht zwischen positiven und negativen Gewohnheiten. Meike ist Business-Coach und Therapeutin. Sie schildert im Folgenden, wie Ziele und Gewohnheiten in Einklang kommen.

Der Mensch, ein Gewohnheitstier

Unser Gehirn liebt Gewohnheiten. Sie wirken entlastend und energiesparend. Gerade in einer Zeit, in der sich vieles im Außen ändert, wächst das Bedürfnis nach Ritualen, nach Vertrautem, Gewohntem, nach Sicherheit. Schätzungsweise 40 % unseres alltäglichen Handelns läuft automatisiert ab (Gesellschaft für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie).

Wie sehr sich Gewohnheiten in unserem Unterbewusstsein verankern, zeigt ein ganz simpler Selbsttest: Falten Sie Ihre Hände wie zu einem Gebet: Die Finger ineinander verschränkt und die Daumen übereinandergelegt. Halten sie diese Position für ein paar Atemzüge. Anschließend wechseln Sie die Position Ihrer Daumen, sodass der Daumen, der üblicherweise unten liegt, nun oben liegt. Wie fühlt sich das für Sie an? Die US-Psychologin Dawna Markova fand heraus, dass Menschen rund zwei Wochen lang benötigen, um sich an eine simple Haltungsänderung zu gewöhnen. Bis dahin sendet das Gehirn ständig Signale: „Alarm! Hier stimmt etwas nicht.“

Gewohnheiten beeinflussen die Art und Weise, wie wir unser Leben führen. Dabei unterscheidet unser Gehirn nicht zwischen positiven und negativen Gewohnheiten. Manche unserer Gewohnheiten sind uns nicht einmal als gesundheitsgefährdend bewusst, während wir andere bewusst beibehalten, obwohl wir wissen, dass sie schädlich sind. Wir sind nicht nur Marionetten unserer Gewohnheiten, sondern als lern- und anpassungsfähige Wesen können wir auch eine neue Gewohnheit entwickeln, wenn sie einer Zielerreichung dient, die uns wichtig ist. 

Wer entscheidet, ob unsere Gewohnheiten positiv oder negativ sind?

Gewohnheiten können entweder mit unseren Zielen übereinstimmen und uns stärken und entlasten oder aber unseren Zielen und Werten entgegenstehen und dadurch Zeit, Energie und möglicherweise sogar Gesundheit und berufliche Chancen kosten. Wenn wir z. B. das Ziel haben, langfristig fit und beweglich zu bleiben, werden wir uns regelmäßig sportlich betätigen müssen, auch wenn sich unsere Arbeitsbedingungen ändern. Wenn wir stattdessen zunehmend mehr Zeit im Sitzen verbringen, stimmt die Gewohnheit mit unserem Fitnessziel nicht überein und kann hohe Unzufriedenheit und Frustration auslösen.

Sobald unsere Gewohnheiten mit unseren Zielen oder Werten kompatibel sind, erleben wir die automatisierten Handlungen als Entlastung und als Zeitgewinn. Sie befreien uns von gedanklichen Debatten zwischen Für und Wider, erlauben uns Hindernisse zu überwinden und dem erwünschten Ziel stetig näher zu kommen.

Ob wir Gewohnheiten als positiv oder negativ bewerten, hängt von unseren individuellen Wert- und Zielvorstellungen ab und welchen Effekt sie im Alltag erzeugen. Wenn wir beispielsweise einen bestimmten Arbeits- und Kommunikationsstil gewohnt sind, der in einem anderen kulturellen Kontext Vertrauen unterminiert und die Zusammenarbeit erschwert, werden wir öfters im Zwiespalt sein, welche Gewohnheiten noch kompatibel sind, welche wir reduzieren oder besser unterlassen sollten und welche wir aufbauen sollten, um unsere Ziele zu erreichen. Das kann dazu führen, dass wir uns eine Zeitlang reichlich angespannt fühlen, uns sehr kontrolliert verhalten, uns unerwartet Fehler unterlaufen und die Situation uns zunehmend belastet, wenn wir sie nicht ändern.  

Ein Beispiel aus der Beratungspraxis: Wenn Stress negative Gewohnheiten verstärkt

Eine meiner Klientinnen liebt einen gesunden Lebensstil. Sie treibt regelmäßig Sport, achtet auf ihre Ernährung, pflegt ihren Körper. Aber sobald sie im Alltag unter Druck gerät und ihr Stresspegel steigt, neigt sie dazu, diesen Lebensstil fallen zu lassen und sich zu vernachlässigen. Dann holt sie sich mittags schnell einen Burger, bestellt am Abend eine Pizza, streicht ihren Sport. Manchmal zieht sich das über Monate hin. Diesmal hat sie sich jedoch entschieden, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
In der Beratung wird sehr schnell deutlich, dass sie durch ihren ungesunden Lebensstil bereits einige Mangelerscheinungen hat: Sie ist häufig müde, antriebslos, leidet unter Rückenschmerzen und ist ständig unzufrieden. Etwas soll sich deshalb ändern. Sie möchte sich wieder gesünder ernähren, mehr Sport treiben, etwas weniger arbeiten und ihre Beziehungen mehr pflegen.

Die Risiken und Nebenwirkungen von Veränderungswünschen

Mit ihrem Vorsatz, auf einen gesunden Lebensstil zu achten, ist die Klientin in guter Gesellschaft. Bei den meisten scheitern die Vorsätze allerdings in den ersten 2 Wochen. Der Grund, warum sie häufig scheitern, ist recht simpel: In der Regel sind die Vorsätze zu groß und zu unspezifisch. Zudem entstehen viele mehr aus sozialem Druck statt aus voller Überzeugung und einem verspürtem Veränderungswunsch.


Wie Sie Ihre Veränderungswünsche in nur 4 Schritten in die Tat umsetzen können und nachhaltig in Ihren Alltag integrieren

1. Schritt: Erkennen Sie Ihre Veränderungswünsche

Feste Gewohnheiten abzulegen und neue aufzubauen ist nur dann möglich, wenn der Wunsch zur Veränderung tatsächlich von Ihnen selbst kommt. Nur dann verfügen Sie über die notwendige Motivation und Energie, die notwendigen Schritte einzuhalten.

Ein Alltagscheck hilft herauszufinden, was Sie genau verändern wollen. Beantworten Sie deshalb schriftlich folgende Fragen:

  1. Welche Veränderung habe ich für mich als veränderungsbedürftig identifiziert?
  2. Wann genau tritt meine unliebsame Gewohnheit auf?
  3. Welches dahinterliegende Bedürfnis befriedigt diese Gewohnheit?
  4. Mit welcher Alternative möchte ich diese Gewohnheit ersetzen?

2. Schritt: Formulieren Sie klare Ziele

Formulieren Sie Ihre Ziele positiv, konkret und real. Aus „ich möchte nicht mehr … wird „ich möchte stattdessen“. Unser Gehirn kann kein „nicht“ denken. Deshalb verstärken negativ formulierte Vorsätze das Bewusstsein für das, was Sie eigentlich vermeiden wollen.

Neben der positiven Formulierung Ihrer Ziele achten Sie darauf, dass sie spezifisch und realistisch sind. Ihre Ziele sollten attraktiv für Sie selbst sein. Das heißt Sie sollten einen persönlichen Mehrwert durch die Zielerreichung erfahren.

3. Schritt: Planen Sie konkrete nächste Schritte

Überlegen Sie sich gut, was Sie genau benötigen, um Ihrem gewünschten Ziel einen Schritt näher zu kommen. Vielleicht haben Sie das Ziel, täglich bestimmte Übungen auszuführen und benötigen hierfür einen Raum oder ein Equipment. Oder sie wollen ihre Finanzen besser in den Griff bekommen und benötigen hierzu einige Dokumente und Expertise.

Bereiten Sie sich gut auf ihre geplante und gewünschte Veränderung vor und setzen Sie sich einen konkreten Termin, an dem Sie starten wollen.

Darüber hinaus ist es wichtig, sich von alten Gewohnheiten zu verabschieden, die man ablegen will. Erst wenn Sie das Alte abgeschlossen haben, können Sie sich auf etwas Neues einlassen. Überlegen Sie sich hierfür ein passendes Ritual: Manchen Menschen hilft es, ihre alten Gewohnheiten auf ein Blatt zu schreiben und es dann zu verbrennen. Andere vergraben ein Päckchen mit Gegenständen, die sie mit ihren unliebsamen Gewohnheiten in Verbindung bringen.

4. Schritt: Reflektieren Sie regelmäßig

Legen Sie regelmäßige Zwischenstopps ein. Gönnen Sie sich Momente zur Reflektion, wie es Ihnen in diesem Augenblick geht. Dann lenken Sie ihren Fokus auf Ihr Ziel und überlegen, wie viele kleine Schritte Sie diesem Ziel bereits nähergekommen sind. Seien Sie nicht zu streng zu sich selbst und konzentrieren Sie sich auf das, was gut funktioniert. Überlegen Sie sich außerdem, wie sie diesen Teilerfolg weiter ausbauen können.

Sollten Sie feststellen, dass Sie doch eher wieder einen Schritt rückwärts statt vorwärts gegangen sind, dann loben sie sich für diese Erkenntnis und überlegen Sie, was genau der Auslöser für den Rückschritt war und wie Sie in Zukunft weitere Rückschritte vermeiden können.

Last but not least: Glauben Sie an sich selbst und bleiben sie optimistisch! Jeder Mensch verfügt über die notwendigen Fähigkeiten und die notwendige Energie, um die eigenen Ziele zu erreichen.

Meike ist zertifizierter Business- und EAP-Coach. Sie unterstützt junge Talente und erfahrene Fach- und Führungskräfte sich persönlich weiterzuentwickeln und Belastungssituationen zu bewältigen. Sie ist zudem spezialisiert auf Suchtberatung und arbeitet therapeutisch mit Einzelpersonen, Paaren und Familien. Affiliert mit CoachingExpats seit 2020; info@coaching-expats.org

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