Work hard, play hard – Erfolgsmuster unter der Lupe.
Für ambitionierte Menschen ist es fast selbstverständlich, viel Zeit und Energie in den beruflichen Erfolg zu investieren. Meike, Businesscoach und Therapeutin, begleitet Personen, die mit den Schattenseiten ihrer Erfolgsorientierung konfrontiert sind und erkennen müssen, dass sie Gewohnheiten entwickelt haben, die ihnen schaden.
Genuss oder Muss
Viele alltägliche Handlungen laufen automatisiert ab – ohne dass wir bewusst darüber nachdenken. Oft folgen sie einem eingelernten Belohnungssystem: Auslöser, Reaktion, angenehmes Gefühl.
Ein Beispiel: Lisa und Michael, zwei aufstrebende Juristen an einem internationalen Gerichtshof, beenden einen langen, anspruchsvollen Arbeitstag. Um abzuschalten, gehen sie in ein Bistro: Snacks, ein Aperitif – während ihre Gedanken noch um die Arbeit kreisen (Auslöser). Kopf und Körper können nicht so schnell umschalten.
Ein gutes Essen und ein Glas Wein folgen (Reaktion) und schließlich spüren beide, wie sie sich entspannen (Belohnung). Am Ende des Abends gibt es noch ein paar „Absacker“ in netter Runde an der Bar.
Solche Wohlfühlrituale können sich unbemerkt verfestigen – vor allem, wenn sie kurzfristig gut funktionieren. Was hilft, wird wiederholt. Mit der Zeit verknüpfen Lisa und Michael ihren Feierabend zunehmend mit dem Genuss von Alkohol – und greifen seltener zu gesünderen Alternativen. Besonders dann, wenn diese mehr Aufwand erfordern.
Belohnungsgewohnheiten und das Dopamin
Alkohol ist nur eine von vielen Belohnungsmöglichkeiten und durch jedes andere Suchtmittel oder Suchtverhalten ersetzbar. Ob jemand zunehmend und regelmäßig Nikotin, Koffein, Süßigkeiten, Schlaftabletten, Schmerzmittel, angstlösende Medikamente konsumiert, um zu entspannen oder eher exzessiv Essen, Shoppen, Gamen, Arbeiten oder Sex einsetzt, spielt keine Rolle. Eines haben alle diese Verhaltensmuster gemeinsam: sie setzen Dopamin frei, das sogenannte Glückshormon. Der Körper schüttet sogar viel mehr Dopamin durch Suchtmittel und Suchtverhalten aus als durch gesündere Alternativen, wie zum Beispiel durch Sport oder kreative Hobbies. Und der gewünschte Entspannungs- und Wohlfühleffekt stellt sich wesentlich schneller und bequemer ein, als wenn sich Michael und Lisa nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zu einer sportlichen Aktivität aufraffen würden.
Gewöhnung und das Verlangen nach mehr
Suchtverhalten hilft kurzfristig über die unangenehmen Gefühle von Überwältigung und Verletzlichkeit hinweg. In einem sozialen Umfeld kann es Zugehörigkeit und Geborgenheit vermitteln, was sich durch die Ausschüttung von Oxytocin, dem sogenannten Kuschelhormon, noch einmal verstärkt. Allerdings stellt sich mit der Zeit auch ein Gewöhnungseffekt ein, sodass sich Anzahl und Intensität der Belohnungsgewohnheiten steigern müssen, um die gewünschte Wirkung zu bekommen. Die Grenze zwischen sich langsam einschleichenden, ungesunden Gewohnheiten und Suchtverhalten wird dadurch fließend.
Im Laufe unseres Lebens entwickeln wir alle individuelle Gewohnheiten, die uns helfen, einen erträglichen Umgang mit den belastenden Ereignissen und Anforderungen des Lebens zu finden. Unser Unterbewusstsein unterscheidet jedoch nicht zwischen gesunden und ungesunden Gewohnheiten, sondern etabliert diejenigen, mit denen wir den gewünschten Gemütszustand erreichen und weiter unter den gegebenen Umständen funktionieren können.
Risiken für Expatriates
Expatriates und ihre mitreisenden Familienmitglieder sind im Ausland vielfältigen Veränderungen, Belastungen und Erwartungen ausgesetzt. Um damit gut umzugehen, brauchen sie wirksame Strategien zur Stressbewältigung.
Wer bereits erlebt hat, dass bestimmte Substanzen oder Verhaltensweisen kurzfristig beruhigen oder Bestätigung liefern, wird in belastenden Situationen eher auf diese Muster zurückgreifen. Wenn sich solche Strategien verfestigen, können daraus langfristige Risiken entstehen mit möglichen gesundheitlichen, sozialen oder beruflichen Folgen
Resilienz und gesunde Bewältigungsstrategien
Ein erster wichtiger Schritt im Umgang mit psychosozialen Risiken bei internationalen Einsätzen ist die Enttabuisierung des Themas. Idealerweise werden bereits während der Vorbereitung einer Auslandsentsendung mögliche Belastungen offen angesprochen. Dazu zählen Stress, Isolation, Überforderung, Krisen, unerwartete Ereignisse oder kulturelle Irritationen.
Ein vertraulicher Ansprechpartner, etwa im Rahmen von Expat-Coaching oder HR-Begleitung, kann helfen, persönliche Bewältigungsstrategien frühzeitig zu reflektieren – und bei Bedarf erste Verhaltensänderungen anzustoßen.
Wer nach dem Motto „Work hard, play hard“ lebt, findet kurzfristig Bestätigung durch Leistung und Action. Für langfristige Stabilität und Erfolg braucht es jedoch mehr: Ruhephasen, gesunde Ernährung, stabile soziale Beziehungen, kreative oder spielerische Aktivitäten. Der regelmäßige Wechsel zwischen Intensität und Erholung ist entscheidend – besonders in einem fordernden, internationalen Arbeitsumfeld.
Meike ist zertifizierter EAP- und Business-Coach und begleitet internationale Fachpersonen dabei, ihre Hindernisse zu überwinden und sich beruflich passend zu positionieren.
Sie ist spezialisiert auf Suchtberatung im global mobilen Berufsleben und arbeitet therapeutisch mit Einzelpersonen, Paaren und Familien. info@coaching-expats.org