Wie entstehen Entscheidungen in Ihrem Team?
Wird abgestimmt, entschieden oder gemeinsam gesucht, bis es wirklich für alle passt?
Soziokratisch begleitete Entscheidungsprozesse bieten eine überzeugende Alternative. Ihre Wirkung auf Zusammenarbeit und Verantwortungsübernahme hat mich so beeindruckt, dass ich mich darauf spezialisiert habe, Organisationen und Teams mit dieser Methode vertraut zu machen – in Trainings, Workshops und Moderationen.
In soziokratisch orientierten Teams oder Kollektiven werden wichtige Entscheidungen im Konsentverfahren getroffen – einer strukturierten Moderationsform, die sicherstellt, dass eine Entscheidung erst dann gilt, wenn niemand mehr einen begründeten schwerwiegenden Einwand hat.
Der Prozess integriert die Sichtweisen, Erfahrungen und Ideen aller Beteiligten und führt zu Beschlüssen, die tragfähig, reflektiert und breit abgestützt sind.
Einwände und ihre Bedeutung für den Entscheidungsprozess
Im soziokratischen Entscheidungsprozess sind Einwände kein Hindernis, sondern wertvolle Hinweise.
Teammitglieder äußern ihre Bedenken, wenn sie befürchten, dass ein Beschluss die Zielerreichung des Teams oder der Organisation beeinträchtigen könnte. Diese Einwände werden gemeinsam geprüft und genutzt, um den Vorschlag so anzupassen, dass er für alle tragfähig wird.
Mit der Zeit entsteht so eine Organisationskultur, in der Einwände nicht als Störung, sondern als wichtige Information für Qualität und Umsetzbarkeit von Entscheidungen verstanden werden.
Wie Beschlüsse entstehen
In der Soziokratie wird das Konsentverfahren eingesetzt, um reflektierte und tragfähige Entscheidungen zu ermöglichen.
Geschulte Moderator:innen leiten den Prozess strukturiert durch mehrere Etappen – von der Klärung der Fragestellung über den Meinungsaustausch bis zur gemeinsamen Formulierung eines Beschlusses, dem niemand mehr begründet widerspricht.
Themenklärung (Bildformung)
Zu Beginn wird geklärt, worüber genau entschieden werden soll.
Alle Teilnehmenden erhalten die relevanten Informationen, um sich eine fundierte Meinung bilden zu können. Ziel ist ein gemeinsames Verständnis des Themas – die Grundlage für jede tragfähige Entscheidung.
Meinungsbildung
In ein bis zwei Runden äußern die Teilnehmenden, was ihnen an der anstehenden Entscheidung wichtig ist – etwa, welche Aspekte verbessert werden sollten oder welche Wirkung sie sich vom Beschluss erhoffen.
In der ersten Runde stehen individuelle Sichtweisen im Vordergrund. In der zweiten Runde entsteht ein gemeinsames Bild: Die Teilnehmenden greifen Ideen anderer auf und formulieren Vorschläge, mit denen das Team als Ganzes einverstanden sein könnte.
Aus diesen Beiträgen verdichtet die Moderation einen Beschlussvorschlag – und stellt ihn zum Konsent.
Konsent-Runde
Jetzt sind Einwände gefragt – ausdrücklich nicht im Sinne persönlicher Vorlieben, sondern als begründete Hinweise, dass ein Beschluss die Zielerreichung des Teams oder der Organisation gefährden könnte.
Die Moderation vertieft diese Einwände im Dialog, z. B. mit Fragen wie:
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Inwiefern gefährdet der Vorschlag das Ziel?
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Wie ließe er sich anpassen, um das Risiko zu vermeiden?
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Woran ließe sich zeitnah überprüfen, ob unerwünschte Wirkungen auftreten?
In den meisten Fällen führen Einwände zu einer Verbesserung des Beschlussvorschlags. Nur selten muss eine Entscheidung vertagt oder an ein anderes Gremium übergeben werden. Selbst bei komplexen Themen entsteht so zügig ein tragfähiges Ergebnis.
Wie diese Form der Entscheidungsfindung wirkt
Konsent-Moderation schafft eine lösungsorientierte und respektvolle Gesprächskultur.
Alle Stimmen werden gehört – auch die zurückhaltenderen.
Das Verfahren vermeidet hitzige Debatten und endlose Argumentationsschleifen, ohne kritische Aspekte zu übergehen.
Weil alle Beteiligten gleichwertig einbezogen werden und es keine Abstimmungen mit Gewinnern und Verlierern gibt, werden die Entscheidungen von der gesamten Gruppe mitgetragen.
Jeder Beschluss wird zudem regelmäßig überprüft: Funktioniert er in der Praxis?
Falls nicht, wird er angepasst. Entscheidungen bleiben so lebendig, lernend und wirksam.
Kathrin ist zertifizierte Trainerin für Soziokratie und Gewaltfreie Kommunikation. Sie moderiert strategische Planungs- und Entscheidungsprozesse in Gruppen, Teams und Gemeinschaften. Affiliiert mit CoachingExpats seit 2019. info@coaching-expats.org